Stammheim, 20. Juli 2012
Am Weiher draußen, unter alten Linden,
ging sie durch morgenfeuchtes Blumengras,
den frühen Seelenfrieden dort zu finden.
Der Wasserspiegel lag wie blankes Glas
und schien im Grau der Wolken zu erblinden.
Der Wiesentau benetzte ihre Beine
mit Einsamkeit am frühen Sommertag.
Als Schleier schimmerte im Dämmerscheine
der Nebelflor, der auf dem Wasser lag;
Beklemmung fiel auf Uferkieselsteine.
Als sie sich über das Gewässer beugte
erblasste im Entsetzen ihr Gesicht.
Ein fremdes Antlitz, das der See ihr zeugte
in jenes Tagesanbruchs fahlem Licht,
und das sie aus dem trüben Nass beäugte.
Sie war in grauenhafter Angst gefangen,
und wandte sich vom falschen Bilde ab.
Zutiefst verwirrt ist sie davongegangen,
verlegte die Vision in tiefes Seelengrab,
verborgen, mit Vergessenheit verhangen.
Doch konnte dieses Schreckgespenst entfliehen,
dann hat es ihr die alte Furcht gebracht.
Nie hat das Trugbild ihr den Blick verziehen
und oftmals in ihr trautes Sein gelacht,
als hätt es ihr den Frieden nur geliehen.